Heute war es endlich soweit: Rolf Lahme (6. Dan, Vizepräsident des KVSH, Stilrichtungswart Shotokan und aktiver Bundes-Kampfrichter) aus Neumünster kam zu Besuch, um für und mit uns einen Lehrgang durch zu führen. Schwerpunktthema war diesmal Kata. Wir sind mit dem Dojo Jiyu schon seit über 20 Jahren eng befreundet, und auch deshalb kommt Rolf immer wieder gern zu uns nach Ratzeburg.
In der ersten Einheit ging es um Techniken, Passagen und Details aus den Heian-Katas. Insbesondere Timing und Oberkörper-Haltung wurden angesprochen. Dabei wurde wieder einmal die gute Arbeit im RSV-Toshima gelobt, denn diese wichtigen Grundlagen haben bekanntlich einen hohen Stellenwert bei uns, und wie man sieht, nicht nur bei uns. Dazu gab es von Rolf viele Beispiele, wo diese Grundlagen bei anderen Nachwuchs-Wettkämpfern fehlten, was auf den letzten Turnieren immer wieder auffiel. Überhaupt gab es für die Wettkämpfer viele Tipps vom erfahrenen Bundes-Kampfrichter gerade dazu, was wichtig und was weniger wichtig ist. Ob z.B. die Fingerspitzen am Anfang der Heian Jondan auf einer Höhe sind, oder ob die Finger der hinteren Hand auf Höhe des vorderen Handgelenkes sind, ist Auslegungssache und somit nicht kriegsentscheidend. Wichtig ist hingegen z.B., dass die Finger nicht abstehen, dass die Ellenbogen eng geführt werde und natürlich keine Wackler, Standfehler, etc auftreten, was ja schon grobe Fehler sind. Es müssen also Prioritäten gesetzt werden. Das gilt natürlich nicht nur für die Wettkämpfer sondern für alle Sportler, die besser werden wollen.
Wir haben dann Armtechniken aus den 5 Heian-Katas aneinander gereiht und danach das gleiche mit Beintechniken gemacht und zu guter Letzt beides in einer langen Kombination abgelaufen. Auch hier dürften allen Teilnehmern die Hinweise und Korrekturen bekannt vorgekommen sein, denn es waren die gleichen, die wir auch im alltäglichen Training anbringen. Wer wollte, konnte hier richtig auf Temperaturen kommen!
In der Pause gab es dann noch mehr Eindrücke der letzten Turniere, Anekdoten aus vergangenen Tagen und Skurriles aus der Sport-Politik. Das ist mindestens genau so interessant, wie das Training selbst 😉 Nach 20 Minuten bei kleinen Stärkungen und etlichen Litern Wasser, ging es dann weiter.
In der zweiten Einheit drehte sich alles um die Kata Nijushiho. Dazu gab es zuerst einige Kihon-Übungen zu typischen Kombinationen und dann ging es an den Ablauf. Am Ende sollten alle den Ablauf einigermaßen intus gehabt haben. Das war dann mal eine Einheit für die Oberstufe. Natürlich haben Gelb- und Orange-Gurte damit noch Probleme, aber auch dazu gab es von Rolf Hinweise, die wir demnächst sowieso ansprechen wollten:
“Wozu brauch ich das?” diese Frage hört wahrscheinlich jeder Trainer mal. Auch bei uns kam die Frage letztens auf, als auch Blaugurte einige Übungen aus dem Prüfungsprogramm zum 1. Kyu trainieren sollten. Mal ganz abgesehen davon, dass wir uns früher immer gefreut haben, wenn wir etwas Schwierigeres trainieren durften und auch stolz waren, dass der Trainer uns diese schwierigeren Inhalte schon zutraute, zeigt diese Frage eigentlich nur, dass das Interesse an der gesamten Bandbreite des Karate gerade nicht besonders hoch ist. Komischerweise haben die selben Sportler kein Problem damit, coole Kicks oder Katas zu trainieren, die sie nach dem Prüfungsprogramm ebenfalls noch nicht “brauchen”. Egal, Rolfs Antwort auf diese heute nicht gestellte Frage war folgendes: Wenn ich Probleme mit der Kombination / Technik / Übung oder Kata habe, dann ziehe ich mir einen Teil heraus, mit dem ich etwas anfangen kann. Z.B. konzentriere ich mich darauf, die unterschiedlichen Stände möglichst sauber zu wechseln, oder ich versuche mir das Embusen (Schrittdiagramm) zu merken oder sonst etwas. Nur die Einstellung “das brauche ich noch lange nicht, was soll das…” führt nur zu Frust oder verstärkt bereits vorhandene Unzufriedenheit. Die Schwarzgurte haben übrigens das gleiche Problem von der anderen Seite: Wozu soll man das 148ste Mal Jion laufen, gerade als Nicht-Wettkämpfer, oder was soll der 148713te Ren-Tsuki noch bringen? Auch wir müssen uns Prioritäten setzen, die wir uns genau in diesem Training vornehmen wollen. Wer das nicht begreift, hat das “Do” nicht begriffen und wird auf lange Sicht keine Erfüllung im Sport finden. Aber dazu gibt es demnächst noch mehr in diesem Theater 😉
Heute sind wohl alle mit einem leicht euphorischen Gefühl aus dem Training gekommen und hätten gern noch eine dritte Einheit trainiert. Das lag sicher nicht nur an den Trainings-Inhalten, sondern auch an Rolfs positiver und ruhiger Art, seine Erfahrungen und sein Wissen zu vermitteln. Und die Bestätigung, bisher sehr gut trainiert zu haben, gibt einem natürlich auch ein gutes Gefühl. Vielleicht gibt es nächstes Mal noch eine Zugabe… Heute fand die dritte Einheit am Grill und am Buffet statt. Hier nochmals vielen Dank für die vielen Spenden. Auch jetzt gab es noch so manche interessante Geschichte, Fragen wurden beantwortet und auch so manches, was nichts mit Karate zu tun hat, wurde beklönt. So konnte der Lehrgang langsam ausklingen. Das war wieder einmal eine tolle Sache! Vielen Dank an Rolf und auch an alle, die voller Elan dabei waren und für eine gute Stimmung gesorgt haben!